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Traueranzeige Klaus Timpel
Erinnerungen an Klaus von Harry
Als ich Mitte der achtziger Jahren zu den Schachfreunden Schöneck kam, schwang sich der einstige Provinzverein gerade zu höheren Weihen auf. Es war der Beginn eines kurzen Weges, der den Klub nach nur wenigen Jahren zum mitgliederstärksten in Hessen machen sollte und ihn schachlich bis in die 2. Bundesliga führte. Für diese erstaunliche Metamorphose zeichneten Klaus Timpel und seine Schwester Uschi verantwortlich, die durch ihr unermüdliches Engagement für ein Klima des Miteinanders sorgten, an dem Viele teilhaben wollten und zahlreiche der besten südhessischen Talente nach Schöneck brachte. Klaus hatte daran einen bedeutenden Anteil. Er zählte nicht nur zu den besten hessischen Spielern. Klaus war auch eine überaus charismatische Persönlichkeit, die auf uns Jüngere starken Eindruck machte. Mich erinnerte er irgendwie an einen Kraftmenschen der Renaissance. Als ich ihn kennenlernte trug er einem Afrolook, teils ungewöhnliche Klamotten, die man heute wohl als vintage bezeichnen würde, politisch hatte er einen linksstudentischen Background, war sehr belesen, originell, kreativ, vielbegabt und nicht zuletzt rhetorisch versiert. Von Klaus sind zahlreiche Bonmots überliefert, viele davon sind bis heute lebendig geblieben, weil wir, die ihn damals intensiv erlebt haben, seine Redewendungen bis heute in unseren Gesprächen weitertragen. Ich war damals, als ich als Teenager in den Verein kam, von Klaus, der acht Jahre älter war als ich, fasziniert und für mich wurde Klaus so etwas wie ein Role Model. Vielen anderen meiner Generation ging es wohl genauso. Klaus wurde zu einem Orientierungspunkt und er war stets unsere Galionsfigur, wenn wir zu Turnieren und Mannschaftskämpfen fuhren. Wenn es ums Schach ging, neigte Klaus zum Manischen, doch sein Arbeitseifer war in gewisser Weise vorbildlich. Ich erinnere mich noch, als er mit mir einmal acht Stunden lang ein Turmendspiel meiner Hängepartie analysierte. Aber auch hinsichtlich schachlicher Kreativität hat Klaus deutliche Spuren hinterlassen, als er zusammen mit Horst Alber eine eigene Eröffnung kreierte, die Ampel, die fortan landesweit fest mit unserem Verein assoziiert und so etwas wie ein Markenzeichen wurde. Zentral für unseren Klub und das gemeinschaftliche, für mich einzigartige Miteinander war der legendäre Vereinsabend, der ohne den Antreiber Klaus so nicht denkbar gewesen wäre. Die Spielabende, bei der stets 20-30 Leute zugegen waren, verliefen meist nach einer eingeübten Prozedur. Oft blitzten wir bis um 23 Uhr, gingen dann in eine Pizzeria essen und kehrten um 1 Uhr wieder ins Spiellokal zurück, um weiterzublitzen. Die damalige Zeit hatte einen seltsamen Zauber enfaltet, der mich und viele andere geprägt hat. Und dieser Zauber ist untrennbar mit Klaus verbunden.

Erinnerungen an Klaus von Jan Peter
Als ich im Sommer 1985 mit neun Jahren zum ersten Mal vor dem Vereinsheim der Schachfreunde Schöneck stand, kam ein Mann mit dunklen Locken, um die Tür aufzuschließen. Er beugte sich zu mir herunter und fragte: "Und du bist heute zum Schachspielen gekommen?" In seiner Stimme lag eine Freundlichkeit und Wärme, wie ich sie von fremden Erwachsenen bislang gar nicht kannte. Wahrscheinlich ist mir die Begegnung auch deshalb immer im Gedächtnis geblieben. Ich wusste damals noch nicht, dass es Klaus war, der vor mir stand und dessen besondere Ausstrahlung hier erstmals ihren Eindruck auf mich machte. Doch schien es mir im Rückblick immer sehr passend, dass die für mich so prägende Verbindung zu den Schachfreunden Schöneck buchstäblich mit Klaus begann. Schon bald gehörte Klaus zu meinen wichtigsten Trainern und Mentoren im Verein. Wann immer er Zeit fand, setzte er sich mit mir allein oder zusammen mit anderen ans Brett. Bevorzugt analysierte er mit uns bekannte Großmeisterpartien. Er liebte es, jungen Spieler nicht nur sein tiefes Wissen über das Schach weiterzugeben, sondern ihnen auch seinen Enthusiasmus für das Spiel zu vermitteln. Die heitersten Momente waren oft die, in denen er ungeduldig mit uns wurde. „Mann, Danny, du hättest Heizer werden sollen!“ rief er einmal aus, nachdem Danny Adair zum wiederholten Mal den halben Figurensatz inkorrekt geopfert hatte. Wir bogen uns vor Lachen und legten es beinahe darauf an, solche Ausbrüche zu provozieren. Klaus‘ Analysen und Berichte in der Vereinszeitung „Karl“ sog ich begierig auf. Sein Streben nach strategisch komplexen, aber zugleich „sauberen“ Partien machte großen Eindruck auf mich. In den zahllosen Blitzpartien, die wir über die Jahre spielten, gelang es ihm beneidenswert häufig, seine Konzeptionen nahezu vollständig umzusetzen. Ich hingegen holte meine Punkte meist nur im Verbund mit Klaus’ größtem Feind, der Uhr. Mitte der 1990er Jahre begann mein vielleicht schönster Abschnitt bei den Schachfreuden Schöneck: Ich spielte zusammen mit Klaus in der ersten Mannschaft. Mehr noch als die sportlichen Erfolge, die wir in dieser Zeit feiern konnte - z.B. der wiederholte Aufstieg in die 2. Bundesliga - sind mir die Erlebnisse drumherum im Gedächtnis geblieben. Hierzu zählten die Fahrten zu weiten Auswärtskämpfen, die viel Zeit zur Unterhaltung boten, vor allem aber die nachträglichen Analyse-Sessions im Restaurant. Hier war Klaus in seinem Element: Er erklärte, schimpfte (über Mitspieler und Gegner ebenso wie über sich selbst), jubilierte, lachte, stellte Fragen. Ein Klaus in Hochform sprühte vor schachlichen und rhetorischen Einfällen. Brachte er die gegnerische Königsstellung in der Analyse wieder und wieder zum Einsturz, blitzten seine Augen vor Vergnügen. In solchen Momenten war man besonders gern in „seinem“ Analyseteam. Viele seiner Aussprüche wurden in unserer Mannschaft zum geflügelten Wort: „Ich wollte meinem Gegner mal zeigen, was ich mir alles leisten kann!“ und natürlich „Mein Freund Matuschka“, den Klaus begrüßte, wenn er die Mattschlinge zuzog. Bei all seiner Leidenschaft für das Schach, ahnte ich schon früh, dass Klaus’ Interessen und Talente keineswegs darauf beschränkt waren. Manchmal habe ich bedauert, ihn nicht auch jenseits der 64 Felder näher gekannt zu haben. Bisweilen sprachen wir immerhin auch über politische Themen. Auch wenn Klaus sich seiner Ansichten dabei immer sicher war, verkündete er diese nie von oben herab. Stattdessen versuchte er mit derselben Geduld und demselben pädagogischen Impetus wie beim Schach, mich durch Argumente zu überzeugen. Wenn Leute von uns gehen, die uns wichtig waren und unser Leben bereichert haben, bedauern wir immer, nicht noch mehr Zeit mit ihnen verbracht zu haben. So geht es mir mit Klaus. Wie gern hätte ich noch mehr Blitzpartien mit ihm gespielt, Stellungen analysiert, Mannschaftskämpfe bestritten oder Gespräche über alles Mögliche geführt. Aber für die Momente, die ich mit ihm teilen konnte, und all das, was ich von ihm lernen durfte, werde ich immer dankbar sein.